Moritz Bleibtreu (zu Alexandra Maria Lara über den Photographen, der eigentlich erst nach dem Interview Photos machen sollte): Jetzt muss man schau'n, jetzt muss man schlau organisieren, weißt de?! Alexandra Maria Lara: Ja. Presse - erste sie: Gut. Dann fang ich an. In dem Film geht's hauptsächlich über die Liebe. Wie ist das in so einem Film zu spielen unter einem Regisseur, der dreifach geschieden ist?! AML: Noch mal ganz kurz - einfach nur mal zum, zum Verdauen: Er ist dreimal geschieden, zum vierten Mal verheiratet, ja?! Presse - erste sie: Wie ist das unter so einem Regisseur über die große Liebe einen Film zu machen? AML: Großartig. Lachen. Also, äh, Helmut Dietl ist sicherlich jemand, der viel erfahren hat über die Liebe, im Laufe dieser ganzen Beziehungen, und, äh, seine Erfahrung, seine Art - seine poetische Art und so, hat er in dieses Buch, in dieses Projekt mit einfließen lassen. Zu MB. Und ich glaube trotzdem, wir haben mehr über Sprache und Humor und so - haben wir mehr gelernt von ihm, glaub ich, als über die Liebe als solches. MB: Das wär' ja auch schlimm, wenn man sagen würde, irgendwie, jemand - wenn jemand dreifach geschieden ist, darf er über die große Liebe nicht mehr reden, das wär' ja ganz traurig! Das lässt ja keinen Rückschluss zu, daraufhin, ob der sich damit auskennt oder nicht. Das ist - find ich - stell dir mal vor? - "Nee, mit dir Dreh ich nicht! Du bist dreimal geschieden. Du hast ja keine Ahnung." AML: "Du kannst nichts von der Liebe wissen!" MB: "Das kann doch nichts werden." Zur Presse: Nee. Presse - erste sie: Ja, aber, es stellt sich dann doch die Frage: Gibt es eine große Liebe, oder gibt es mehrere größere Lieben? AML: Ich glaube, wir glauben beide, dass es mehrere, also, dass es nicht nur die einzige große Liebe gibt. Es kommt natürlich ganz drauf an. Meine Eltern beispielsweise sind schon seit langer, langer Zeit ein vorbildliches wunderbares Paar. Pause. Solche Geschichten schreibt das Leben natürlich auch, nichts desto trotz sollten Menschen, die aus einer gescheiterten Beziehung kommen, trotzdem sich noch den Glauben an die Liebe bewahren - ja. MB: Na, zumal es ja so ist, also... AML rückt ins letzte Eck von dem Sofa, um nicht im Bild zu sein. Photograph: Bist eh nicht drauf. AML: Ah, cool, ah, cool, der Bleibtreu. Allet klar. Das hab ich... MB (zu AML): Was wollt ich jetzt sagen?! Weiß ich nicht mehr. AML: Auf die Liebe? MB: Ach, Liebe, hör doch auf. Ah, die Liebe, ja, weiß ich nicht mehr, die is mir entfallen. Presse - andere sie: Gibt's eine große Liebe? MB: Ach so genau, des war das. Na ja, ich denk mir halt es ist - beugt sich vor - Liebe braucht ja auch wahnsinnig viel Zeit, und ist ja auch etwas, was sehr sehr lang nachwirkt, und was einen ganz, ganz lange beschäftigt. Ich glaub' nicht, dass man sagen kann, irgend jemand war ´n Jahr mit jemanden zusammen, und dann kann man von großer Liebe sprechen. Und so ein Menschenleben ist ja auch nicht soooo lang. Deswegen, also für so wahnsinnig viel mehr Platz als zwei - oder vielleicht drei, wenn man ganz viel Glück hat! So Menschen, die so für einen bestimmt waren, glaub ich, gibt's im Leben dann auch nicht. Also, das ist schon etwas sehr, sehr - seltenes. Lange Pause. Glaub ich. Presse - er: Muss man deswegen, glaubt's ihr, auf die alten griechischen Mythen zurückgreifen, wenn man dieses Thema aufbereitet? AML: Die alten griechischen Mythen geben natürlich großartige Vorlagen. Also, diese Geschichte von Orpheus und Eurydike ist einfach eine unglaubliche Geschichte eines Mannes, der seiner Frau in den Tod folgt, ja? Das steht natürlich für ganz viel. Also, sich solcher Mythen zu bedienen ist sicherlich sehr spannend, wenn man es so gut schafft, sie mit einer modernen Geschichte zu verbinden, wie es Helmut Dietl meiner Meinung nach gelungen ist. Dann greift man da, glaub ich, auch gerne drauf zurück. Presse - er: Gemeinsam mit Süßkind halt, der ja auch das Buch geschrieben hat. AML: Genau. MB: Pathos ist ja auch was - also, wenn man sich dazu entschließt sowas wie Pathos - was ja eigentlich schon verboten ist überhaupt im Film zu verwenden! - dann muss man natürlich da 'ne Schnittstelle finden, die Sinn macht. Und das ist mit den Mythen natürlich gegeben, weil von Anfang an klar ist - einfach, dass du mit Elementen spielst, die eben so jetzt nicht hier... er weist auf den Hotelgarten vor der Tür ...stattfinden. Wo du dir die Chance auch gibst, dich vom Realismus zu entfernen - was ich sehr mutig finde, weil, wie gesagt: Pathos ist ja eigentlich was - grade aus Deutschland noch, puhh! - ganz schwierig! Und auch einer der Gründe, weswegen ich das so geil finde, weil sich das halt auch wirklich kaum noch einer traut. Presse - andere sie (zu AML): Und die Umkehrung von dem ganzen? Dass du also quasi ihm nachfolgst, anstatt, dass Orpheus halt seine Eurydike irgendwie - ja, - halt da wieder hervorholt? Ich mein', ist das die Emanzipation, ist das des 21. Jahrhundert? Oder ist das einfach so passiert, weil's besser gepasst hat? Oder... MB lehnt sich zurück. AML: Das ist ganz einfach Helmut Dietls Vision gewesen. Also - zu MB - hab ich jetzt mitbekommen?! Er sagt immer, er hatte dieses Bild - er hat eines Tages dieses Bild gehabt, und mit irgendeinem Bild fängt ja eine Geschichte auch an. Also, die Tatsache, daß er sich hingesetzt hat, und angefangen hat, an etwas Neuem zu schreiben, ist darauf zurückzuführen. Und seine Vision war eben die umgekehrte Vision. Seine Vision war die, das die Frau hinabsteigt in die Unterwelt, um ihren Mann zurückzuholen. MB: Und natürlich auch aus ganz anderen Gründen sich dann umsieht, ne!? Weil, im Original ist es ja so, dass er sich umsieht, um zu sehen, ob sie ihm nachfolgt. Das ist ja ein ganz anderes Ding! (Im Film dreht Venus sich um, weil sie sich von Mimi kritisiert fühlt.) Und das ist schon sicherlich dann - also, ne Verknüpfung, eben auch mit, ja, mit der heutigen Zeit - ne? Indem, dass Liebe eben ganz oft scheitert an so Kleinigkeiten, und an so blöden Kram, wo man dann vielleicht rückwirkend, oder rückblickend dann feststellen muss, oder sagen muss, "Gott, wie dumm, dass ich mich über sowas irgendwie aufgeregt hab". Das kenn ich auch sehr sehr gut, und das ist ihm auch sehr sehr gut gelungen. Also, sehr elegant gelungen, auch durch diese Verknüpfung. Presse - neue sie: Glaubt ihr denn auch, dass die Liebe, ähm, hauptsächlich - also, für mich ist das in dem Film so ein bisschen aufgegangen: sie scheitern daran, weil sie wirklich versucht das zu erreichen, was er will. Also, er ist mit seinem Perfektionismus die ganze Zeit dabei sie zu verändern, und dann hat sie's getan, und damit ist eigentlich die Liebe weg!? MB: Na ja, die Liebe ist ja nicht weg - die Liebe ist ja nicht weg. Presse - sie: Aber er bringt sich ja um! Presse - er: Sie (die Liebe) hat sich versteckt. Alles durcheinander: Na ja, aber aus Liebe! AML: Aber aus Liebeskummer! Presse - neue sie: Aber das ist es ja! AML: Aus unendlichem Liebeskummer bringt er sich ja um. Presse - neue sie: Das ist der Kummer. AML: Ja, es ist mit Sicherheit - also davon erzählt der Film natürlich auch, äh, ... Presse - neue sie: Also, ich fand es fatal. Ich fand eben es relativ fatal, was sich dadurch erzählt. Das, es nämlich genau dadurch, das man versucht es dem anderen Recht zu machen ... AML: Aber da kann man natürlich auch gleich hinterfragen - also, ich glaub beispielsweise nicht, dass Venus Morgenstern - um in der Figur zu sprechen - dass sie sich lediglich hat verbiegen lassen, sondern ich glaube durchaus, dass sie diese Veränderungen bis zu einem bestimmten Grad auch gewünscht hat. Ja. MB: Na, aber selbstverständlich. Presse - neue sie: Eh... Presse - andere sie: Klar. MB: Wenn man sich die Szene im Hotelzimmer anguckt und so. Also, da ist es nun ja auch nicht so,... Lachen ...da sind ja beide dran beteiligt! AML: So ist es ja nun nicht, ne. Lachen. Also ganz soo... MB: Die sind ja ... Lachen. Presse - neue sie: Ich hab ihm ja keine Schuld gegeben. Ich hab ja nur gesagt, die Frau macht es recht, und damit zieht sie im Grunde genommen ihm die Grundlage... Entzieht sie ihm das... MB: Ja, das ist sicherlich... Presse - andere sie: Aber das ist doch der Zauber, irgendwie. AML: Ja, beziehungsweise Helmut Dietl beschreibt das immer so, dass er sagt: äh, jemanden verändern zu wollen, ist vielleicht sogar noch ein legitimer Wunsch... Presse - neue sie: Genau. AML: Oder auch darüber kann man lange diskutieren! Aber, ähm, wenn derjenige dann so verändert ist, findet man in ihm nicht mehr die Person, in die man sich einmal verliebt hat, ja... Presse - neue sie: Das kam sehr schön raus, also das war... AML: ...und die Gefahr ist natür..., die besteht natürlich durchaus. MB (nach kurzer Pause zu Presse - neue sie): Ich glaub, es gibt nicht einen Menschen auf der Welt, der, wenn er jemanden leidenschaftlich liebt, nicht auch an diesem Menschen rumbastelt. Presse - neue sie: Ja, total, ja natürlich. MB: Jeder tut das. Presse - neue sie: Ja, man will ja auch das Beste für ihn. Lacht. MB: Jeder. Lachen. Presse - andere sie: Wie verändert Venus den Mimi?! Sie liebt ihn ja auch leidenschaftlich. Wie verändert sich dann der Mimi durch diese Liebe? MB: Na ja... lehnt sich zurück ...wenn man das - das sind natürlich ganz - also... fühlt sich irgendwie unbequem in dem Sofa ...also, wenn man das jetzt so'n bissl weiter spinnen würde: schaut nach unten ...das sind auch Sachen, die im Film auch mal drin waren, und nicht mehr so ganz drin sind - an einigen Stellen. Auch einfach dahingehend, dass er... schaut auf seine Hände ...das sagt er ihr ja auch! - sich sozusagen, ähm, von dem, was er mal von der Musik gewollt hat, ja entfernt. Über dieses alles Auf-sie-projizieren, den Erfolg wollen, dies, das - und sich dadurch auch ein ganzes Stück weit von sich selbst entfernt. Schaut nach oben. Und in dem Moment, wo sie dann weg ist - ist halt nur noch Loch. Da ist die Musik weg. Das, was er mal von der Musik gewollt hat, ist weg, und die Frau ist auch noch weg. Weil, der hat ja sicherlich mal ganz ganz große Ambitionen musikalische gehabt, ne!? Und wenn man sich die Lieder anguckt, die da benutzt werden in dem Film, sind das natürlich auch anrührende Lieder - aber die sind schon auch so geschrieben, dass klar wird, das ist nun jetzt auch nicht Puccini! - Das ist schon auch der kleinste gemeinsame Nenner... Presse - neue sie: Wieso Puccini? MB: ...Und so sollte das auch sein! Und das ist für mich immer so ein Hinweis darauf gewesen, dass der - ja, dass der sich auch echt 'n Stück weit von seiner eigenen Leidenschaft entfernt hat. Zugunsten des Erfolgs, und eben auch in diesem komischen Wirrwarr von ... AML (vehement): Ja! - Aber diese extreme Veränderung, die vollzieht natürlich eher... Pause ...seine Frau. MB: Absolut. AML: in diesem Falle. MB: Ja, ja, absolut. Presse - neue sie: Wieso Puccini? Wißt Ihr das zufällig? MB: Weil das jetzt da vorkommt - da drin. Warum? Weil sich das so schön reimt... Presse - neue sie: Na, warum er... MB: ...dieses Paganini, Pucci... Presse - neue sie: ...lauter Puccini-Geschichten genommen hat? MB: Paganini, Pavarotti, Pu... Presse - andere sie: Na, ich mein die Oper... Presse - neue sie: Weil er hat die ganzen Arien benutzt: Tosca, Boheme, Butterfly. MB: Er ist ein großer... Presse - neue sie: Das waren alles übrigens unverheiratete Frauen. AML: Ah ja? Kurze Pause. Presse - neue sie: Jetzt wollt ich noch wissen, inwieweit... MB (beugt sich vor): Ja? Presse - neue sie: ...diese Nicht-Ehe... MB: Gut beobachtet! Presse - neue sie: ...im Gegensatz zur Ehe ... äh... Lachen. MB (direkt): Gut beobachtet. Presse - neue sie: Man ist ja wachsam. MB (zu AML): Wir sind hier in Österreich. Bewegt sich zurück. Das würde in Deutschland nie jemanden auffallen. AML: Keinem Auffallen. MB: Respekt... Zu Presse - neue sie ...Respekt. Ja klar, es ist ja auch, ich mein - der Film ist ja auch irgendwo 'ne Oper. Presse - neue sie: Ja, total! Aber ich frag - weil ihr seid ja das nicht verheiratete Paar, während die anderen das verheiratete Paar sind. Das verheiratete Paar schafft es - ohne Liebe im Grunde genommen. Das liebevolle Paar, das nur wegen der Liebe zusammen ist, schafft es nicht. AML: Aber, äh, Mimi und Venus begegnen sich. Am Ende dieser wunderbaren Geschichte dieses Märchens begegnen sie sich noch einmal, und da geht es um die Kernaussage: nämlich um diese Erinnerung, um diese wertvolle Erinnerung an etwas Einmaliges, Unvergessliches, Romantisches! Also, ich weiß nicht, ob es erstrebenswert wäre mit dem Paar zu tauschen, wo zwar beide am Leben bleiben, nur... Pause ...wie? Ja?! So! Und die Beiden im Gegenentwurf zum Paar Helena / Theo, äh, leben eine riesige Liebe! Zwar mit vielen Problemen und Schwierigkeiten... Presse - neue sie: Aber nur so kurz! AML: Na ja, acht Jahre immerhin! Und dann eigentlich bis zum Lebensende. Und wenn Sie den letzten Satz des Films richtig wahrgenommen haben: "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann lieben sie sich noch heute!" Ja, also eigentlich... Presse - neue sie: Reinkarniert als Ameisenpaar... Lacht. AML: Eigentlich, ist es eine ganz, ganz - ganz große Liebesgeschichte. MB: Natürlich ist es auch einfach - ich denke, was da auch ganz toll zum Tragen kommt, ist halt auch wirklich die Frage,... er reibt seine Handflächen ...wie der, wie des, der individu-, schaut auf ...wie der Mensch das auffasst. Der eine - und das liegt auch einfach dann höchstwahrscheinlich im Grunde des Charakters dieser Person, sieht das als zynisch, und sagt, "ach, das ist doch ein zynischer Blick auf die Liebe. Wie kann man denn sagen, dass das so -, und dann ist das so, das ist doch scheiße!" Ein anderer, der nicht so zynisch ist, wie ich zum Beispiel, sieht das -, für mich ist das ein Happy End! Für mich ist die Tatsache, dass Mann und Frau irgendwie nicht so richtig zusammenpassen wollen, eine gottgebende Realität, mit der man sich abfinden muss, und nicht mehr. Pause. Und deswegen glaub ich auch, dass man sich immer wieder reinschmeißen muss, und es immer wieder nochmal probieren muss, mit dem Wissen, das es halt auch weh tun muss! Lehnt sich wieder zurück. Und das ist halt, was viele Menschen heute versuchen zu vermeiden, und versuchen eben Liebe auszugrenzen, und zu sagen, "nee, komm, ich möcht den ganzen Schmerz -, ach das -, nee, komm, tu's mir weg." Aber ich glaub, das ist 'n Trugschluss. Die Sehnsucht danach wird früher oder später so stark sein, dass man da doch immer wieder irgendwie hingetrieben wird. AML: Ja. MB: Die Akzeptanz ist wichtig, ne, dass man akzeptiert, dass das halt auch weh tut, ne?
Presse - neue sie: Ja, das stimmt. MB: So, und deswegen glaub... ist das für mich halt auch ein Happy End. Ich bin in Deutschland... mit Blick zu AML ...sind wir immer wieder gefragt worden: "Wieso hat der Film kein Happy End?" Ich sag', "das ist ein Happy End!" Lacht. Nur nicht vielleicht so, wie's die Amerikaner gemacht hätten. Nur wenn wir da... wenn der Helmut dem Film ein klassisches Happy End gegeben hätte: wir wären den Berg raufgegangen, hätten uns geküsst. AML: Und Ende! MB: Dann hätte der Film sich selbst ad absurdum geführt. Dann wär das alles Quatsch gewesen. Insofern... ich seh das als Happy End, ne? Presse - er: Der Film geht ja mit Liebe auf der einen Seite ironisch, auf der anderen Seite sich des Kitsches bewusst um, und da heißt es, ist das für Sie... bleibt das im Gleichgewicht, oder kippt das für Sie in eine andre Ecke, eher in das skurrile, oder eher doch? Oder ist es genau die richtige Gratwanderung zwischen Ironie und Kitsch? MB: Na ja, es ist vor allen Dingen - ist es mal, äh - das ist auch ne Stilübung, ne? Also es ist ja ein absolut stilisierter Film. Jede Figur ist stilisiert, jede Situation ist stilisiert, jedes Set, jede Location, alles. Und was ich toll finde ist, das er's geschafft hat, in dieser Welt, die doch irgendwie relativ befremdlich ist, immer wieder Wahrheiten zu zeigen, die dich an dich selbst erinnern, und die du nachvollziehen kannst. Wo du sagst: "Das kenn ich! Auch wenn ich diese Leute so nicht kenne, und die Situationen so nicht kenne, aber das kenn ich, das ist echt, das ist echt, das ist echt." Und dieser, ähm, das Spiel -, das ist auf der einen Seite wahnsinnig schwer, das so hinzubekommen. Und ich find, das ist ihm gut gelungen. Presse - er: Und warum diese Wahrheiten... auf diese Rückbesinnung auf den Mythos? Quasi romantische Komödien! Wir haben schon alles gesehen. Gehen wir zurück zu den Wurzeln? AML: Das müsste man eigentlich Helmut fragen. MB: Das müsste man Helmut fragen, aber ich mein, dass auch wirklich mit so - ich weiß - wie - ich weiß nicht... beugt sich wieder vor ...jeder Dia... fast eigentlich jeder Dialog - es gibt immer wieder den Moment, wo man sagt: "ah, des - ähm, des zwar nicht so, aber des kenn ich ganz genau." Das ist auch was, was mir mit dem Film passiert ist. Das ist auch so 'n Film, der so nachwirkt. Der durch die Vielschichtigkeit erstmal so überwältigend ist... (Zu Presse sie) ...Auch das, was du sagst, ne, das da so viele Kleinigkeiten...! Auch wenn man jetzt anfängt die kleinen Komponenten aufzudröseln, dann kann man da noch ganz ganz weite Wege gehen, also dann wird man auch sehen, was der Mann sich dabei gedacht hat nicht alles. Und das wirkt so nach. Schaut vor sich hin. Weil, gleichzeitig hat der Film ein wahnsinniges Tempo, ist nur mehr Hundert Minuten lang, was 'n Witz ist! Ich glaub, wir hatten -, sind zwanzig Minuten weg, oder so, von dem, was wir wirklich gedreht haben, und das wirkt so nach. Weil man erst so am zweiten sagt: "Ach stimmt. Und der Dialog und ah, das ist damit gem... Ach so, na klar, weil d... Ach so!" Also das hab ich zum Beispiel für mich erlebt. Und das find ich, ist ein riesen Kompliment an den Film, ne. Presse - neue sie: Es ist sehr klassisch. Es ist halt überall in allen Dingen... Es fordert Konzentration, es fordert Aufmerksamkeit. MB: Fordert Intelligenz. Schaut sie direkt an. Presse - neue sie: Ja, es fordert den Zuschauer. Das heißt - würd ich jetzt auch den Dietl lieber fragen wollen - ob er das Publikum erziehen will? Auf eine gewisse ander - Basis, aber ... MB: Das ist - also, ohne ihn da jetzt zu nahe treten zu wollen - aber das glaub ich nicht. Ich glaub nicht. Ich glaub, Helmut ist da wirklich viel viel mehr daran interessiert, einfach das, was er für sich da jetzt zu erzählen hat, und was er erlebt hat, so mal - zu veräußern. Einfach mal. Lacht. AML: Ohne unbedingt erziehen zu wollen, glaube ich auch. MB: Ja, das glaub ich auch, den Anspruch hat er nicht. Presse - andere sie: Du hast in einem Interview gesagt, der Anspruch, dass der Film die Sichtweise des Zuschauers auf die Liebe verändert, irgendwie zu hochgegriffen ist, oder dass man ihn nicht stellen kann. Hat es eure Sichtweise von der Liebe, oder ... MB: Wie, was hab ich gesagt?! Das musst' nochmal wiederholen. Presse - andere sie: Dass der Anspruch - auf die Sichtweise der Zuschauer auf die Liebe - verändern wird, also, dass das deutsche oder das deutschsprachige Publikum ... MB: Wo hast'n des her?! Das ist gleich wieder so... Jetzt sag nicht, aus dem Presseheft. Presse - andere sie: Nein. MB: Ja eben! Lacht. Presse - andere sie: Das kommt aus einer Pressemeldung aus einem "Woman"-Interview aus Hamburg von vorgestern, glaub ich. MB (zu AML): Ja siehste, dass ist das, was ich nicht gegengelesen habe. Na, prost Neujahr, das kann ich mir gleich mal kaufen. Du, ich hab den Satz jetzt grad selbst nich' verstanden. Presse - andere sie: Okay. MB: Schön, dass er da so steht, aber...hört sich... Presse - andere sie: Nein, aber hat er ... MB: ...super schlau an, aber irgendwie kann er nicht von mir sein. Presse - andere sie: Nein, aber hat er eure Sichtweise auf die Liebe oder das Leben, oder wie auch immer verändert? MB: Das steht da wirklich drin? Presse - andere sie: Jaa. Lacht verlegen. MB: Wie peinlich, eh. AML: Nein, natürlich nich'. Die Leute wissen ja, dass nicht alles stimmt, was man liest. Meine nicht, auf jeden Fall, um das schon mal zu beantworten. MB: Ja, und generell auch..., dass ein Film das schafft, wäre für mich einfach..., also deswegen kann ich das auch gar nicht gesagt haben, weil, ich wirklich glaube... legt sich tief in die Sofakissen ...also für mich ist 'n Film - wirklich, der größte Film der Welt ist am Ende nur 'n Film, ne? Und in sechs Monaten wird kaum noch jemand da drüber reden. Ich glaub weder, dass Filme die Welt verändern können, noch glaub ich, dass sie die Sicht auf die Liebe verändern können, noch sonst irgendwas, also sie können ja... Presse - andere sie: Nein - das gilt für den Zuschauer zwar - ich mein für euch? Die ihr das gedreht habts! Also isses... MB: Ach, nee. Also das seh... ich bin ja mittlerweile auch 33, also... ich... irgendwie weiß nicht, wenn man das mit 14 gemacht hätte, vielleicht so - ja. Da wär man aber fehlbesetzt gewesen, glaub ich. AML: Wahrscheinlich. MB: Ja. AML: Und, was hab ich grade gesagt?! Presse - andere sie: Du hast gesagt, dass es doch schön wär, wenn des... wenn ganz Deutschland im Liebeswahn wär, oder das... AML (aufgeregt mit erhobenen Finger): Ja, das hab ich gesagt! Presse - andere sie: Die temp'ramentvollere Antwort von Fräulein Lara. AML: Ja, aber das hab ich nur auf eine Frage gesagt. Ja, da hab ich gesagt: "Es gäbe schlimmeres als Deutschland im Liebesrausch", soo hab ich das gesagt, ja... Das war natürlich eine zum Teil auch lustig gemeinte Antwort. Das überträgt sich bei mir manchmal nicht so richtig, aber, äh, ja... MB: Tja. AML: Tja. MB: Was man immer so alles dann sagt. Presse - erste sie: Um nochmal auf die Musik zurückzukommen. Du bist ja im Film Komponist, was würde man von Dir als Moritz Bleibtreu für, ähm, Musik, erwarten müssen? MB: Wenn ich Musik machen würde? Presse - erste sie: Ja. Auch so Schlager, oder...? MB: Nein, also das schon mal gar nicht. Eher weniger, kann ich aber echt nicht sch... Kann ich nich' sagen. Also ich bin sowieso eher... also in mir ist echt... garantiert ein Musiker verloren gegangen. Äh, deswegen kann ich das nicht. Also, ich lieb Musik wahnsinnig, ist auch so wahrscheinlich das größte Hobby, was ich hab... wenn man von Hobbies überhaupt sprechen kann. Weiß ich nicht. Kann ich echt nicht sagen. Also, ich bin... ich bin groß geworden, wenn man so will, also... mit so schwarzer Musik, Hip Hop, Rap und so Kram, Funk, Soul... Reggae. Hab dann aber, wie das dann meistens so ist... Irgendwie mit Mitte Zwanzig fing das dann so an... da gingen dann so die Klappen auf, und seitdem, äh, hör ich so alles. Deswegen könnt ich das gar nicht sagen. Aber ich glaube, das werd ich auch nicht tun. Damit werd ich niemanden nerven. Das, ähm, nee. Ach, es gibt so viele Schauspieler, die singen, wo das nicht so ganz funktioniert. Presse - er: Es gibt auch viele Musiker, die schauspielern. MB: Ja. Auch das ist... AML: Auch eine fatale Kombination. MB: Auch das ist manchmal nicht so wirklich förderlich. Also, es ist halt so: es gibt immer diese Liaison zwischen Musikern und Schauspielern. Immer. Die Schauspieler finden immer irgendwie die Musiker geil, und die Musiker finden immer irgendwie die Schauspieler geil. Ist ganz komisch. Ähm, aber, ähm, am besten ist es meistens wirklich, wenn man da bleibt, wo man... wo man hingehört, glaub ich so. Also, dass man's wirklich geil beides kann, das ist echt selten. Wen gibt's denn da? Björk. Aber die hat auch nicht - grad mal einen Film gemacht, oder? AML: Unter auch ziemlich extremen Umständen, glaub ich. MB: Ja, war aber trotzd... AML: Ja. MB: ...war sup... AML: Ja, aber ich w... MB: Also, da muss ich sagen... AML: Da wird bestimmt auch die ein oder andere Träne echt gewesen sein. Presse - er: Bowie hatte Talente im Film. MB: Findste?! Presse - er: No ja. MB: Ich fand ihn grottenschlecht bei Labyrinth. Presse - er: Oh. Ja, bei Labyrinth, Labyrinth? Das weiß ich nicht, das hab ich net gsehn. Aber's gibt doch diesen: "Der Mann, der vom Himmel fiel". MB: Ja, ja genau, ja, genau, ok, das ging. Ah, jaa. Mick Jagger, jaa. Constantin-Team: Letzte Frage, bitte. Presse - neue sie: Sagts, Perfektionismus! Dieser ganze Film strotzt von Perfektionismus in jeglicherweise. Bei jeder Figur... also, die sind alle unglaublich eingekastelt, und da ist auch genau für mich das, wo das Temperament verloren geht. Also, wo ich sage, diese Form der Liebe ist nicht gerade das, was ich anstrebe. Also, bei keinem der Figuren. Und da wollt ich nun euch fragen, wie's euch damit gegangen ist, beim Drehen? Ob des quasi mit... also, ob euch das bewusst war? Oder ob das so entstanden ist, oder ob - das hätt ich jetzt auch wieder Dietl gefragt! - ob er das zeigen wollte. Weil eigentlich jeder in seinen Lebensumständen im Perfektionismus, äh, äh, - steckt. AML: Ja, das weiß ich jetzt gar nicht so genau. Also Helmut Dietl wollte mit Sicherheit alles so zeigen wie er's gezeigt hat und was zu sehen ist in dem Film. Also, alles, was da so dargestellt ist, ist auch ganz klar vorher so und nicht anders gewesen. Also, die Figuren waren alle klar gezeichnet, ham alle ihre eindeutige Funktion, und es wird eben der Entwurf gezeigt von zwei sehr unterschiedlichen Liebespaaren, und deren unterschiedlichen Umgang mit Liebe, ähm, deswegen lässt es sich trotzdem nicht verallgemeinern für alle, also ich... Presse - neue sie: Nee, ich fand nur... MB: Nee, es sind sehr, es sind sehr... Presse - neue sie: Alle waren in ihrer Art perfektionistisch. MB: Absolut, es sind sehr ich bezogene Figuren. AML: Ja. MB: Und wenn Du dir die Filme vom Helmut anschaust... AML: Mmh. MB: ...ist es einfach auch so... Helmut hat noch nie Filme gemacht über Helden. Es sind eigentlich alles Antihelden. Die sind ja auch eigentlich total bescheuert. Die sind zwar liebenswert, in der ein oder anderen Situation, aber'n Hau ham se alle. Presse - neue sie: Jaha. Lachen. MB: Und das ist bei allen Helmut Dietl Filmen so. Du wirst sehen, dass eigentlich die Helden... Presse - neue sie: Wobei es diesmal... MB: ...die gesunden Figuren... Presse - neue sie: ...besonders gut kaschiert war. MB: Ja, das mag sein, aber es ist trotzdem immer so, dass die... die wirklichen Helden in den Filmen immer die Nebenfiguren sind. Ne? Bei Rossini war's zum Beispiel die Figur von der Martina Gedeck, die kleine... AML: Serafina. MB: ...ähm, Joachim Krol. Bei uns ist es, ähh, Marily, die kleine Griechin. Also du hast immer... AML: Kalypso. MB: Die wirklich gesunden großen Figuren sind immer die Nebenfiguren, die... die, die, die... die haupts... die, um die's geht, die hab'n alle immer... Er wedelt mit der Hand vor seinem Gesicht. Alle Lachen. MB: Die sind alle sehr Ich-bezogen, meistens egoman, äh, und ham alle so'n kleinen Hau. Lachen. MB: Aber das gehört auch so, glaub ich, das soll auch so sein. AML: Danke. Presse - neue sie: Die bewegen die Welt. AML: Danke schön. Presse (sich streckendes): mmmm. AML: So. MB: So.
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