Die erste musikalische Performance auf der Weltmusikbühne im
Exil kommt von einer hochkarätigen Neuentdeckung. Im Dezember 2008 gegründet
erhielt die siebenköpfige Formation um die junge türkische Sängerin Özlem Bulut
gleich für ihren ersten Auftritt den Förderpreis des Austrian World Music
Awards 2008. Ein mehr als deutliches Indiz für das große musikalische Potential
dieses Musiker-Verbands aus Bulgarien, Österreich und der Türkei, der in einer
bunten, teils eklektischen Mischung das Beste aus vielen Musikwelten
zusammenführt. Zwischen durchstrukturierten Kompositionen und reiner,
improvisierter Spiellust inszenieren Özlem Bulut & Kehoa Begegnungen des
Didgeridoos mit einem Sopran-Saxophon, bilden Jazz-Drums die Grundlage für
vokale Ausflüge und gibt ein E-Bass folkloristischen Elementen den richtigen
Kick. Geleitet von der Ambition "der Idee der Vielfalt die schönsten Kleider zu
verpassen."
Geschlechter Maskerade
Das Tiptons Sax Quartet um die US-amerikanischen
Musikerinnen Amy Denio und Jessica Lure benannte sich nach Billy Tipton. Erst
posthum wurde bekannt, dass der renommierte Jazz-Saxophonist und -Pianist
Tipton eine Frau war, die um ihrer Musik willen und deren Durchsetzung in der
männerdominierten Jazzwelt 50 Jahre diese Geschlechter Maskerade aufrechterhalten
hatte. Ähnlich unkonventionell und entschlossen geht dieses Quartett von vier hochkarätigen
Musikerinnen gemeinsam mit Schlagzeuger Robert Kainar zur Sache. Afro-Kubanische
Elemente und Klezmer klingen plötzlich zusammen, während man meint New Orleans
wurde am Balkan neu aufgebaut. Ungebremste Spiel- und Lebensfreude pulsiert in
einer extrem dynamischen Musik, voller Spirit und Soul.
Sound des neuen Jahrtausends
Der Balkan Groove der Band um die in Banja Luka, Bosnien
geborenen Ljubinka Jokic ist längst eine Trademark. Das Herz aller Musikfreunde
schlägt höher, wenn sie mit ihrer Band Yok und ihrer geliebten Gitarre
(Rock'n'Roll!) zu klingenden Streifzügen mit Roma-Chansons, Jugo-Pop-Rock-Klassikern
und traditionellen Liedern aufbricht. "Mit der Intensität und der Kraft der
Tradition, aber dem Sound des neuen Jahrtausends. Wie die Donau, die die
Balkanländer verbindet, immer im Fluss, immer offen für Neues, das in sie
mündet." Heute erstmals mit Maciej Golebiowski, dessen offene
Musikerpersönlichkeit und wunderbares Klarinettenspiel dieser reichen Musik
zusätzliche Impulse liefern werden!
Klezmer Reloaded
Nein, Maciej Golebiowski, wird nach seinem Auftritt mit
Ljubinka Jokic & Yok nicht gleich auf der Porgy-Bühne bleiben. Ihm - und
freilich auch dem Publikum - seien ein paar Stunden Erholung gegönnt, bevor er mit
seinem kongenialen Partner Alexander Shevchenko den zweiten Abend der
Weltmusikbühne im Exil eröffnet. Als Klezmer Reloaded - der Name ist
musikalisches Programm - lieferten sie zuletzt beim KlezMore-Festival und beim
Akkordeonfestival umjubelte Auftritte. Mit ungeheurer Leichtigkeit bringen sie
ihre virtuose Musikalität zum Klingen, ihre sympathische und humorvoll
un-ernste Bühnenpräsenz macht dem Publikum die Tür zu ihrer Musik auf. Zwei
Ausnahmekönner nehmen sich bei dieser voller Respekt, Ideenreichtum,
technischer und kompositorischer Rafinesse der Klezmer- und
Volkmusik-Traditionen ihrer polnischen und ukrainischen Heimat an - ein
Ereignis!
The Other Europeans
Wenn sich die 14 Musiker auf der Bühne des Porgy & Bess
versammeln, ist das ein musikalischer Abschluss des mehrjährigen Projekts "The
Other Europeans", das sich um Fragen der europäischen und kulturellen
Identitäten von Roma und Juden dreht(e). Erarbeiteten 2008 ein Jiddish Music Project - unter der Leitung von Alan Bern - und ein Lautari Music Project - unter der
Leitung von Kalman Balogh - jeweils ein eigenes Konzertprogramm, treffen diese
beiden Formationen nun aufeinander um gemeinsam zu spielen. Im Idealfall
gelangen sie dabei zu einer "neuen" Musik als Ausdruck eines veränderten
Selbstverständnisses und einer überfälligen neuen Wahrnehmung dieser "anderen
Europäer", die statt Ausgrenzung, negativer Projektion und Verfolgung
hoffentlich endlich Gleichberechtigung, offene Auseinandersetzung und
Wertschätzung erfahren.
Schmelztiegel der Kulturen
Den sieben Männern von der 1996 gegründeten Amsterdam
Klezmer Band ist es noch immer gelungen ihre Konzerte in rauschende Tanzfeste
zu verwandeln. Wenn sie ihre Instrumente auspacken klingen in ihrer Musik nicht
nur mit Gusto und Verve urbanisierte/modernisierte Gypsy- und Balkan-Einflüsse
mit, sondern der eben-vielleicht-doch-nicht-Mythos von der offenen Stadt
Amsterdam als ein Schmelztiegel der Kulturen, wo im täglichen Miteinander Spannendes
entsteht. Ihr ganz spezieller Umgang mit osteuropäisch-jüdischer Musik hat
dabei nichts mit trockener Traditionspflege, aber alles mit Lebendigmachen und
am Tanzboden spürbar machen zu tun … (pt/mh; Fotos: Archiv Akkordeonfestival, Lukas
Beck, Bulut, Frank Burkhardt, KlezMore Festival Archiv, Tiptons Sax Quartet)
WELTMUSIKBÜHNE IM EXIL
27.6. & 28.6. 2009
PORGY & BESS
Samstag, 27. 6. 2009
GIRLS, GIRLS, GIRLS
21 bis 22 Uhr
ÖZLEM BULUT & KEHOHA
22.30 bis 23.30 Uhr
TIPTONS SAX QUARTET & DRUMS
24 bis 1 Uhr
LJUBINKA JOKIC & YOK
Sonntag, 28. 6. 2009
KLEZMER- & ROMA-MUSIK
21 bis 22 Uhr
KLEZMER RELOADED
22.30 bis 23.30 Uhr
The Other Europeans: JIDDISH MUSIC PROJECT & LAUTARI MUSIC PROJECT
24 bis 1 Uhr
AMSTERDAM KLEZMER BAND
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