mit den Schlagworten:

tomatito-2013Der Gitarrist vermischt nicht Jazz und Flamenco um des Effektes willen, sondern beweist sich stets als Meister des guten Geschmacks, der es versteht Flamenco und Fusion in einem brillanten Wechselspiel zu vereinen. Live gastiert Tomatito am 30.1. im Wiener Konzerthaus.

Wenn man gegenwärtig zwei der größten Flamenco-Gitarristen unserer Zeit nennen müsste, dann fielen mittlerweile wohl meist diese zwei Namen: Paco de Lucía und Tomatito. Letzt genannter wurde zunächst als Gitarrist der Flamenco-Legende Camarón de la Isla bekannt, der ihn schon im zarten Alter von 14 Jahren auf Welttournee mitgenommen hatte. José Fernández Torres  alias Tomatito, zu Deutsch das Tomätchen, stammt aus einer Dynastie von Flamenco-Gitarristen. Bereits sein Großvater und sein Vater, beide El Tomate genannt, waren bekannte Musiker. Das musikalische Vokabular der verschiedenen Spielarten des Flamenco hat Tomatito maßgeblich um Einflüsse aus Jazz, Rock, Blues, Bossa Nova und anderen Quellen faszinierend erweitert und so dem Flamenco seither zu neuem Schwung verholfen. Als Meilenstein seiner technischen Virtuosität und seines Einfallsreichtums gilt sein Solo-Album „Barrio negro“ von 1991. Das Ergebnis: Flamenco vom Feinsten, tief in der Tradition verwurzelt und höchst modern zugleich. Mit dem Tod von Camarón de la Isla (1992) gab es dann allerdings eine Zäsur in der Karriere von Tomatito. Er zog sich zurück, hielt inne, überdachte seine bis dahin hektische Karriere. Er ging mit Jazzgitarristen wie George Benson ins Studio und spielte Titel von Chick Corea ein. Suchte und perfektionierte die Liäson zwischen Jazz und Flamenco mit dem Jazzpianisten Luis Salinas. Er gründete sein eigenes Flamenco-Sextett. Und da war es nur ein kleiner und konsequenter Schritt, um die spanische Gitarrentradition auch mal mit einer selbst komponierten Suite zu bereichern, die erstmals 2004 aufgeführt wurde. Das Album selbst, "Sonanta Suite" (2010), spielte Tomatito mit dem Orquesta Nacional de España unter der Leitung von Josep Pons ein und ist ein ausgesprochen ambitioniertes Projekt. Auch für einen Musiker wie Tomatito, dessen Karriere mit dem zweifachen Gewinn des Latin-Grammy auf  dem Höhepunkt angekommen schien. Der Flamenco-Gitarrist zeigt dabei eine Spieltechnik, die so vor Dekaden noch nicht möglich schien. Seine sauber und blitzschnell gespielten Töne sind ein akustisches Vergnügen. Gepaart mit einer unerschöpflichen Kreativität. Die Flamenco-Kunst hat hier ein kaum noch zu überbietendes Niveau erreicht. So freilich generell auch seine Live-Konzerte mit dem Sextett, die in der Regel ein formvollendeter Genuss sind, quasi ein Meilenstein der Flamencogitarre. Gefühlvoll und leidenschaftlich fügt sich alles farbenreich zu seinem stilvoll kompletten Spiel. Großzügig bekommen zudem die anderen Musiker Raum bei den Konzerten. Zum Beispiel die herausragenden Sänger Simón Román und Morenito de Illora oder der Perkussionist Lucky Losada, der die Musik auf sehr ausgeglichene Art und Weise bereichert und gemeinsam mit Tomatito das Fundament des Sextet bildet. Tomatito vermischt nicht Jazz und Flamenco um des Effektes willen, sondern beweist sich stets als Meister des guten Geschmacks, der es versteht Flamenco und Fusion in einem brillanten Wechselspiel zu vereinen. Olé el gusto de Tomatito! (Text: Manfred Horak; Foto: Konzerthaus)

Live-Tipp:
Tomatito, 30.1.2013, Wiener Konzerthaus (Großer Saal; Beginn: 19:30 Uhr)