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art-of-jazzguitar2010Pat Metheny, Jim Hall (14. April), Adam Rogers (27. April), John Scofield (3. Mai), John McLaughlin (22. Mai): Vier wichtige internationale Jazzgitarristen und ein Rising Star gastieren in der Veranstaltungsreihe "The Art of Jazz Guitar" im Wiener Konzerthaus und stellen dabei ihre jeweils aktuellen Projekte vor.



Den Beginn macht Pat Metheny, der soeben sein formidables Album "Orchestrion" (2010; Nonesuch/Warner) veröffentlichte. 17 Grammies und 33 Grammy-Nominierungen in zwölf verschiedenen Kategorien bestätigen den Gitarristen und Komponisten Pat Metheny als einen der erfolgreichsten metheny-pat-credit-jimmy-kaund vielseitigsten Jazzmusiker unserer Tage. Bis heute ist er ein Neugieriger, ein Suchender geblieben, offen für die Erforschung und Eroberung neuer musikalischer Welten. Dies manifestiert sich auch auf seiner Solo-Ensemble-Musik von "Orchestrion", gespielt von Metheny auf 25 mechanischen Einzelinstrumenten, die der Gitarrist auf der Bühne mit Hilfe aufwändiger Technologie live steuert. Das verspricht einen spannenden Abend für Musik-Gourmets, einen Abend, bei dem auch die visuellen Aspekte nicht zu kurz kommen werden. Den Konzertbericht gibt es HIER.

Außerhalb der Reihe "Art of Jazz Guitar", aber zum Wiener Jazzfrühling passend, präsentiert das SF Jazz Collective mit Neuzugängen wie Avishai Cohen (Bass) und Mark Turner (Saxofon) ihr neues Tour-Programm. Das SF Jazz Collective entstand aus einer Initiative von Randall Kline, dem Geschäftsführer des Non-Profit–Programms SF Jazz und seines künstlerischen Leiters, Joshua Redman. Ein achtköpfiges Festival-Ensemble wursfjazz_coll_credit-sf-jazzde zusammengestellt - aus den interessantesten Improvisatoren und Komponisten des aktuellen Jazz, ideell durchaus vergleichbar also mit der Jazzwerkstatt Wien bzw. Jazzwerkstatt Graz. Das Repertoire des SF Jazz Collective präsentiert einerseits neue Musik, die die einzelnen Mitglieder ins Kollektiv einbringen, andererseits stellt jede Saison des SF Jazz Collective aber auch das Œvre eines Klassikers der Jazzgeschichte in den Mittelpunkt. So interpretierte das SF Jazz Collective in seinem ersten Jahrgang Musik von Miguel Zenón, Renee Rosnes, Bobby Hutcherson, Joshua Redman - und Ornette Coleman. Nach John Coltrane, Herbie Hancock, Thelonius Monk und Wayne Shorter steht aktuell Horace Silver im Mittelpunkt.

hall-jim-credit-jim-allenWie viel Sentimentalität und Reminiszenzen beim Konzert mit Jim Hall aufkommen werden, wenn er mit Scott Colley (Bass) und Joey Baron (Drums) aufspielen wird, bleibt abzuwarten. Genügend Stoff für jazzige Erinnerungen gibt es bei ihm ja allemal, schließlich spielte Hall Ende der 1950er Jahre mit Ben Webster, danach mit Ella Fitzgerald und nicht zu vergessen seine Zusammenarbeit mit dem 1980 verstorbenen Jazz-Pianisten Bill Evans (nicht zu verwechseln mit dem Saxofonisten gleichen Namens) in den frühen 1960er Jahren bzw. eine Dekade später jene mit Chet Baker, Ron Carter, Paul Desmond. Wer ihn schon mal live hören durfte (in Wien bzw. in Österreich gab es bereits des öfteren die Gelegenheit dazu) wird sich noch gut an die Konzerte erinnern, an sein bisweilen einzigartiges Gitarrenspiel, sei es im Verbund mit Pat Metheny, sei es mit Charlie Haden. Jim Hall: ein wahrer Giant among Giants des Jazz.

rogers_adam_credit-jonas-boIm Rahmen von "The Art of Jazz Guitar" gastiert mit Adam Rogers auch ein Rising Star der US-amerikanischen Jazzszene. Zu hören war der Gitarrist bereits in der Michael Brecker Group, im Charles Mingus Orchestra, im John Patitucci Trio und mit Chris Potter, der auch auf dem veritablen Album Apparitions (2006; CrissCross Jazz) von Rogers mitwirkte. Mit diesem Album bewies Rogers übrigens, dass Jazz für Verliebte nicht unbedingt mit Schmalz behaftet sein muss. In einem Interview erklärte der Jung-Gitarrist einmal seinen Zugang Musik zu komponieren: “When I compose music, I try to reflect something that honestly reflects the time in which I’m writing it!”. Na dann!

scofield_john_credit-nick-sEine fast schon nostalgische Überraschung lieferte John Scofield mit seinem Album Piety Street ab, auf dem er auch Blues- und Gospelbasics ablieferte und sich zudem an seine Kindheit zurück erinnerte. Auch sein jüngstes Programm mit dem Titel "Street Parade" ist eine Hommage, und zwar an New Orleans. Bekannt geworden ist Scofield bereits in den 1970er Jahren in der Fusion-Band vom furiosen Schlagzeuger Billy Cobham und Meister-Keyboarder George Duke. Seinen endgültigen Platz als wichtiger Jazz-Gitarrist erlangte er spätestens an der Seite von Miles Davis auf dessen Alben "Star People" (1983) und "Decoy" (1984).

Und noch ein Gigant an der Gitarre: John McLaughlin präsentiert beim Wiener Jazzfrühling seine mclaughlin_john_credit-ina-neue Formation The 4th Dimension mit Mark Mondésir (Drums), Gary Husband (Keyboard, Drums) und Etienne Mbappé (E-Bass). Letzterer ist auch mit der kapverdischen Sängerin Mayra Andrade im Konzerthaus live zu hören (9.3.2010) und war einige Jahre fixer Bestandteil vom Zawinul Syndicate (Zawinul bezeichnete ihn denn auch als den besten Bassisten der Welt). McLaughlin selbst dürfte den meisten (auch weniger Jazz-affinen Hörern) als Teil des Trios mit Paco de Lucía und Al Di Meola bekannt sein, die mit "Friday Night in San Francisco" über zwei Millionen Tonträger verkauften. Den geneigten Jazzfans hingegen ist McLaughlin als einer derjenigen bekannt, die den Fusion-Jazz mit kreierten und prägten, sei es in der Zusammenarbeit mit Miles Davis auf den maßgeblichen Alben "In A Silent Way" und "Bitches Brew", sei es mit seiner eigenen Band Mahavishnu Orchestra, aber auch mit der klassischen indischen Musik orientierten Formation Shakti mit L. Shankar (Geige) und Zakir Hussain (Tabla). 2009 veröffentlichte McLaughlin gemeinsam mit Chick Corea (Piano, Keyb.), Kenny Garrett (Sax), Christian McBride (Bass) und Vinnie Colaiuta (Drums) das Doppel-Album "Five Peace Band", und so nebenbei wurde der Gitarrist vom wichtigsten Jazzmagazin, Down Beat, bisher 7-mal zum Gitarristen des Jahres gewählt. Mit The 4th Dimension befindet sich McLaughlin, wie er in einem Interview mit Jazzdimensions erklärte, erneut eindeutig in einer elektrischen Phase. "Aber", so McLaughlin, "ich werkle im Hintergrund schon an neuen Sachen. Ich habe ständig Ideen. Ich vergleiche mich gerne mit einem Maler. Ich gehe von einer "blauen Periode" zum Kubismus, werde anschließend abstrakt oder neorealistisch. Maler durchlaufen ähnliche Perioden. Das verstärkt ihren persönlichen Stil." (Text: Manfred Horak; Fotos: Jim Allen, Jonas Bostrom, Jimmy Katz (Warner Music), Ina McLaughlin, SF Jazz, Nick Suttle)

Live-Tipps:
The Art of Jazz Guitar (Konzerthaus Wien)
Pat Metheny Orchestrion, 25. Februar 2010 (21 Uhr, Großer Saal)
SF Jazz Collective, 11. März 2010 (21 Uhr, Mozart-Saal)
Jim Hall Trio, 14. April 2010 (19:30 Uhr, Mozart-Saal)
Adam Rogers Trio, 27. April 2010 (19.30 Uhr, Berio-Saal)
John Scofield, 3. Mai 2010 (19:30 Uhr, Großer Saal)
John McLaughlin and The 4th Dimension, 22. Mai 2010 (19:30 Uhr, Großer Saal)